Samstag, 15. November 2008

"Marionetten" von John le Carre


Wer ist von Wem die Marionette...
...wer zieht an welchen Fäden und wer zieht gemeinsam an einem Strang ?

John le Carre erzählt von dem tschetschenen Issa, dem Flüchtling der illegal nach Deutschland kommt. Vorerst lungert er auf den Straßen Hamburgs herum, findet aber in kurzer Zeit bei einer fremden türkischen Familie Unterschlupf. Melik der Boxer und seine Mutter Leyla nehmen Ihn mit ungutem Gefühl auf, da sie selber nicht 100%ig legal in Deutschland leben. Die Personen werden von le Carre sehr umfangreich beschrieben, der Leser kann sich gut in alle drei Personen reindenken. Doch schon bald kommen weitere Personen dazu, die Anwältin vom Fluchthafen Hamburg - Annabel Richter - und der Bankier - Brue Thommy -. Die Verfolgungsjagd beginnt und das Netz wird größer gesponnen. Es tauchen von Seite zu Seite immer mehr Personen mit unterschiedlichen Charakteren auf, die vorerst schlecht einzuordnen sind. Issa steht wegen seinem millionenschwerem Erbe im Mittelpunkt der Ermittlungen der Geheimdienste und wird nun beschattet, da eine Verbindung zu terroristischen Aktivitäten vermutet wird. Britische und deutsche Geheimdienste wollen nun schnellstmöglich "Operation Felix" beenden, stehen sich aber oftmals gegenseitig im Weg. Wer ist Issa wirklich - ein unschuldiger Flüchtling der den deutschen Pass benötigt um sein Arztstudium zu beginnen oder der gefährliche Tschetschene der terroristische Organisationen mit seinem Erbe unterstützen will ?

In "Marionetten" gibt es keinen Hauptprotagonisten, John le Carre erzählt immer wieder aus anderen Perspektiven. In seinem Buch geht es nicht darum die Spannung immer am Limit zu halten, sondern mit kleinen Details und immer wieder neuen Verwicklungen das Interesse des Lesers zu wecken. Wer aber dachte das im Vordergrund der 9/11 steht wird etwas enttäuscht, denn es geht um die Entwicklung in Deutschland nach dem Anschlag. Misstrauen, Skepsis und Vorsicht stehen auf der Tagesordnung. Bei den Romanfiguren spart le Carre etwas mit der Tiefgründigkeit, nur sehr wenig wird auf familiäres eingegangen.

Beim lesen habe ich oft Gänsehaut bekommen, da Hamburg nicht allzuweit entfernt liegt und dort warscheinlich bald täglich im "flucht-punkt" Menschen wie Issa ankommen. Das Buch hat mich sehr zum nachdenken angeregt, leider hat mich aber auch das offene Ende ein wenig enttäuscht. Gern hätte ich noch mehr über das Leben von Melik und Leyla erfahren und wie es mit Annabel und Brue weitergeht. Ein anspruchsvolles Buch was den Leser in eine nachdenkliche Stimmung bringt.

Binea

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