Dresden.
Ich stehe auf meinem Balkon, es ist November und der Wind trägt sanft die Zirkusmusikklänge des Sarassani herüber. Meine Gedanken werden von dem Wind, der nun weiter zieht, aufgenommen und schweben zu Lena, Lenotschka der Seiltänzerin, und zu ihrer Puppe Mira, sowie zu Franz Kafka.
Franz Kafka sitzt wie jede Nacht an seinem Tisch und schreibt. Dr. Kafka, morgens bis mittags ein ordentlicher Beamter und nachts Schriftsteller und Dichter, dessen Texte nur wenige kennen. Er schreibt meist an Geschichten, die ein trauriges Ende haben, findet seine neue Frau Dora.
„Wie könnte eine Vereinigung größer sein zwischen Liebenden, als dass sie miteinander verschmelzen!“ sagte er, woraufhin Dora erwidertet: „Sie sind verbrannt, das ist es, was bleibt.“
Doch bei Lena und ihrer Geschichte über die verlorene Puppe wird alles anders. Es ist auch nicht Lenas Geschichte bzw. nicht er, Franz Kafka, schreibt diese, sondern ihre Puppe Mira hat ihn dazu beauftragt. Kafka ist bereits schwer krank, doch diese kleine Lena ist für ihn besonders. Seit sie ihre Puppe verloren hat, trifft er sie jeden Tag an der Bank im Park und sobald die Steglitzer Kirchturmuhr zwei schlägt, müssen sie sich trennen, da sie wieder auf und davon zu ihrer Mutter rennen muss. Kein Tag vergeht ohne dieses Treffen, kein Tag ohne die Geschichte über den Reiseverlauf der zum Leben erweckten Puppe, kein Tag ohne Begegnung mit Oberst Behrens und seinem Collie Karo.
Eine wunderbare, herzzerreißende und doch so einmalig einfühlsame Begegnung voller Liebe, Vertrauen und Halt, in der Zeit des Krieges und der Konzentrationslager.
Kafkaesk bedeutet undurchschaubar, geheimnisvoll, bedrohlich.
Kafka, ist das nicht dieser schwierige Schriftsteller? Nein, nach diesem teils autobiographischen Werk ist Kafka eine Persönlichkeit, die nie vergessen werden darf, denn spätestens im Nachwort hat sich dieser Mann in allen Buchliebhaberherzen einen festen Platz gesichert.
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